Ist Astrologie wirklich harmlos?

Gepostet von meta-physik am Sonntag 9 Mai 2010

astroBeim Thema Astrologie scheiden sich die Geister der Sternfreunde. Einer großen astrologieverliebten Mehrheit in der Bevölkerung steht eine kleine, fast verbissen gegen Horoskope ankämpfende Minderheit unter den Astronomen gegenüber. Halten die einen die Sterndeuterei für ein harmloses Vergnügen oder gar für eine essenzielle Lebenshilfe, würden die anderen selbige am liebsten auf den Index setzen. Woher stammt die Emotionalität mit der diese Auseinandersetzung geführt wird?

Fragt man unvoreingenommen auf der Straße nach dem Unterschied zwischen Astronomie und Astrologie, stößt man auf weit verbreitete Ahnungslosigkeit. Viele Passanten können mit den beiden Begriffen nicht viel anfangen geschweige denn sie erklären.

Horoskope hingegen kennen die meisten Menschen und lesen diese auch. Vor allem um den Jahreswechsel herum kann ein Horoskop in einem Magazin die Auflage erheblich steigern. Diese Art der Sterndeuterei stößt aber nicht nur bei wissenschaftlich Interessierten auf Skepsis und Ablehnung. Selbst in den Kreisen mancher Astrologen ist man empört, denn mit einem aufwändig erstellten individuellen Horoskop hat das ihrer Ansicht nach nichts zu tun. Die Steigerung – astrologische Beratung via Hotline oder TV-Talkshow – finden auch zahlreiche Astrologen höchst unseriös. Man hat den Eindruck, sobald der Begriff Astrologie wofür auch immer verwendet wird, sind viele Menschen bereit alles zu glauben.

Die fast fanatische Ablehnung auf Seiten der Astronomen lässt sich vielleicht durch eine Abwertung der Wissenschaften in der öffentlichen Wertschätzung erklären. Während den Universitäten die Forschungsgelder gekürzt werden und es kaum mehr möglich ist, als Wissenschaftler seinen Lebensunterhalt zu bestreiten – eine Situation, unter der auch die Lehre leidet -, blüht und gedeiht das Geschäft mit der Kaffeesudleserei.

Astrologiekurse werden nicht mehr nur von Privatpersonen oder Astrologieschulen angeboten, sondern sogar an so renommierten Einrichtungen wie dem Wirtschaftsförderungsinstitut. Der Start eines solchen Kurses in Wien rief eine solche Welle des Protestes hervor, dass er nach einmaligem Durchlauf wieder eingestellt wurde. In Niederösterreich wird jedoch weiterhin Astrologie am Wifi gelehrt.

Warum glauben so viele Menschen an Astrologie? Kritische Untersuchungen haben gezeigt, dass zu einer guten astrologischen Beratung weniger die wissenden Blicke in die Zukunft gehören als vielmehr das Geschick sein Gegenüber richtig einzuschätzen und die gemachten Aussagen so vage zu halten, dass sie auf praktisch jeden zutreffen, der Angesprochene aber subjektiv das Gefühl hat, er wäre bis ins Innerste durchschaut worden. Auf diese Weise wird ein Abhängigkeitsverhältnis zwischen dem Berater und dem Klienten hergestellt – ein Vorgang, der nicht nur dem Klienten, sondern häufig auch dem Astrologen selbst nicht bewusst ist.

Wie sieht es nun mit dem praktischen Nutzen der Astrologie aus? Berichten zufolge gab es bereits Fälle von Berwerbungen, bei denen nach der genauen Geburtsstunde gefragt wurde und betroffene Bewerber kurz darauf eine Ablehnung erhielten. Müssen wir uns nun schon für eine Gleichberechtigung aller Sternzeichen einsetzen, nachdem die Gleichstellung der Geschlechter zumindest auf dem Papier endlich durchgesetzt wurde?

Bei näherer Betrachtung sollte jedoch sogar Astrologen klar sein, warum Sterndeutung bei der Jobvergabe nichts zu suchen hat, denn eine Begründung: „Sie sind zwar hervorragend qualifiziert, aber wir wollen Sie nicht einstellen, weil Sie Skorpion sind“ würde mit Sicherheit auch ein astrologiegläubiger Mensch nicht hören wollen. Von diesem Blickwinkel aus wird die Ablehnung durch Kritiker verständlich.

Die Astronomie-TV-Sendung SuperNova hat in ihrer aktuellsten Sendung versucht die Standpunkte der Astronomen und Astrologen aufzuzeigen. Die Sendung ist in Kürze im Internet abrufbar.

Videos zum Thema Astrologie:
Robert Palfrader über Astrologie: Gerda Rogers beim Kaiser

Straßenbefragung:

11 Kommentare zu “Ist Astrologie wirklich harmlos?”

  1. Hannes Bongard

    „Wir wollen auch nicht unterschätzen, dass ein gewichtiges Motiv für die Ablehnung der Astrologie die Trägheit und ein Mangel an Zivilcourage ist. Vielen ist es zu unbequem, einmal aus erlernten Denkgewohnheiten herauszutreten und für eine Sache so viel Zeit und Mühe aufzuwenden, die von der akademischen Diktatur verketzert wird; viele wagen es noch nicht, sich zur Astrologie zu bekennen, auch wenn sie eigene positive Erfahrungen mit ihr gemacht haben, aus Angst, für »unseriös« gehalten zu werden. Autoritätsgläubig oder autoritätsabhängig, können viele es sich auch nicht leisten, und kaum einmal bekommt jemand im Rahmen seiner Ausbildung die Möglichkeit, sich mit diesem Stiefkind der Wissenschaft zu befassen.“

    Fritz Riemann: Lebenshilfe Astrologie – Gedanken und Erfahrungen (Einwände gegen die Astrologie), 1976

  2. Ute

    Astrologie halte ich aus zwei Hauptgründen für gefährlich:

    1. Gaukelt sie ihren Anhängern eine solige Entscheidungsgrundlage vor, wo gar keine ist. Was wir von „unten“ als Sternbilder sehen, sind im dreidimensionalen Raum Objekte, die in keinerlei Beziehung zueinander stehen. Schon das alleine schließt aus, daß diese „Konstellationen“ (die nur für uns und nur rein optisch bestehen) einen Einfluß auf unser Leben haben können. Denn Schwerkraft und Strahlung fallen bei derart weit entfernten Objekten flach.

    2. Fördert Astronomie eine Art Schicksalsergebenheit nach dem Motto „Ich bin nun mal Wassermann, da kann ich eben nicht [hier Beliebiges einsetzen]“. Darüberhinaus werden diese Urteile dann auch noch auf andere übertragen. Potentielle Partner oder – wie oben schon erwähnt – Arbeitnehmer werden abgelehnt oder mit Vorurteilen belegt, nur aufgrund ihres Sternzeichens. Astronomie behindert also auch noch die Fähigkeit, eigene Urteile aufgrund eigener Beobachtungen zu fällen und Individuen als Individuen wahrzunehmen. Sie behindert, auf gut Deutsch, ähnlich einer Droge schlicht das Denkvermögen.

  3. Dan

    Ich sehe das ähnlich wie bei der Homöopathie:
    Es ist ein Schwachsinn ohne wissenschaftliche Basis, dessen angebliche „Wirkung“ auf der Gutgläubigkeit der Menschen und eventuell ein paar billigen psychologischen Effekten beruht. Habt ihr zum Beispiel gewusst, dass es wissenschaftlich nachgewiesen ist, dass gelbe Placebos bei gewissen Krankheiten besser „funktionieren“ als rote Placebos?
    Von der Astrologie und der Homöopathie profitieren die, die sie propagieren: Pharmafirmen, die im Endeffekt Zucker verkaufen, Ärzte, die für die homöopathische Beratung nicht nach den Kassentarifen verrechnen müssen, Apotheker, die das ganze nur zum Teil widerwillig machen. Bei der Sterndeuterei sind es halt die, die teure Beratungen anbieten.

    Bei beiden gibt es höchst gefährliche Auswirkungen–man denke zum Beispiel an die Fälle, in denen Krebs homöopathisch behandelt werden sollte oder eben an die oben genannten astrologisch motivierten Entscheidungen.

    Ceterum censeo, dass man statt Astrologie Wahrsagerei oder Sterndeutung sagen sollte.

  4. Hannes Bongard

    „Da man im Allgemeinen zu wenig darüber weiß, was Astrologie ist und kann, da zugleich die herrschende Wissenschaft unzulängliche oder tendenziöse Vorstellungen von ihr hat und schon die ernsthafte Beschäftigung mit Astrologie als ein »Symptom« betrachtet, sind sich die meisten unsicher darüber, was sie wirklich zu leisten vermag.“

    Fritz Riemann: Lebenshilfe Astrologie – Gedanken und Erfahrungen, 1976

  5. Florian Freistetter

    Ach – der Bongard-Bot ist hier auch aktiv 😉 Schon interessant zu sehen, dass hier anscheinend jemand das Bedürfnis hat, irgendwas mitzuteilen und ihm dann nichts besseres einfällt, als wild Zitate durchs Internt zu kopieren. Haben sie keine eigene Meinung zur Astrologie? Aber so ist das wohl, wenn man sich der „Macht der Sterne“ zu sehr ausliefert. Irgendwann verlernt man eigenständiges Denken völlig und kann nur noch das nachplappern, was irgendein Guru gesagt hat…

  6. meta-physik

    Hier ist ein sehr sehenswerter Beitrag über eine Kartenlegerin, die über TV-Shows berichtet, an denen sie mitgewirkt hat: http://feuerbringer.com/2010/05/22/ex-kartenlegerin-packt-aus/

  7. Maria

    Diskussion über Wikipedia-Artikel Astrologie wirft Licht auf Bongard

  8. Maria

    Beitrag über Astrologie in GEO

  9. Maria

    Science-Buster Werner Gruber: „Wenn man in die Sterne blickt, schaut man nicht in die Zukunft, sondern in die Vergangenheit“ – lesens- und hörenswert!

  10. Lucia Frei

    Skeptik gegenüber diesem Thema hat gewiss auch etwas mit der Ahnungslosigkeit und dem zu wenigen Befassen diesen Themas zu tun. Horoskope haben natürlich etwas Wahres, jedoch muss man hier darauf achten ob diese seriös sind.

  11. meta-physik

    Dass sich wenige (zu wenige) Menschen mit Astrologie beschäftigen, kann man wohl kaum behaupten – in Buchhandlungen sind 3x soviele Bücher über Astrologie zu kaufen wie über Astronomie. Und: Astrologie ist immer Unsinn, egal ob der Horoskopersteller sich mit Astrologie auskennt oder nicht (Tageszeitungshoroskop). Wer Entscheidungen aufgrund von Horoskopen trifft, sollte lieber eine Münze werfen – das ist billiger und genauso „zuverlässig“.

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