Kopftuch = schwer integrierbare Migrantin?

Gepostet von meta-physik am Sonntag 24 Mai 2009

Ich habe keine Lösung für diese Frage: dürfen Frauen mit Kopftuch Sterne beobachten oder nicht? Soll man Frauen in unserer Gesellschaft verbieten ein Kopftuch zu tragen? Was ist zum Beispiel mit der Society-Reporterin Ro Raftl – würde irgendjemand sie ohne Kopftuch überhaupt erkennen?

Scheinbar dürfen Frauen fast alles, was Männer auch dürfen, aber wenn man genauer hinsieht, gibt es doch Einschränkungen. Eine Frau darf alles, solange sie hübsch ist und genug für ihr Aussehen tut. Zwar werden massenhaft Witze über sich schminkende Frauen gemacht, aber wenn eine Frau sich nicht um Mode und Aussehen kümmert, bekommt sie schon zu spüren, dass das eigentlich das Mindeste ist, was man von ihr erwarten kann. Bei Männern wird gutes Aussehen zwar wichtiger, ist aber trotzdem nebensächlich. Wie anders kann ich mir erklären, dass Sendungen wie „Germanys next Topmodel“ im Fernsehen laufen? Und wo bleibt da die Quote – kein einziger Mann unter den Teilnehmern? Wieso regt sich keiner auf? Seltsam das.

Ganz besonders dürfen Frauen kein Kopftuch tragen. Aber: Werden Kopftücher nur aus religiösen Gründen getragen? Manch einer erinnert sich vielleicht nicht mehr, aber Natascha Kampusch hat bei ihrem ersten Interview auch ihre Haare eingewickelt. Sollte sowas künftig verboten werden?

Außerdem waren in meiner Schulzeit indische Schals und Palästinensertücher topmodern, die haben wir zwar meist um den Hals getragen, manchmal aber auch auf dem Kopf. Und das in einem katholischen Privatgymnasium.

Und selbst wenn aus religiösen Gründen: haben wir hier in Österreich nun Religionsfreiheit oder eher doch nicht? He-Who-Must-Not-Be-Named hat Wien mit Plakaten zugepflastert, die einfach nur eine Schande sind…

Anderer Aspekt: auch wenn es in manchen afrikanischen Kulturen üblich sein mag, dass Frauen mit nacktem Oberkörper herumlaufen, ich würde mich schön bedanken, wenn jemand das dort von mir verlangen würde. Und das nicht aus religiösen Gründen, sondern weil mir alles andere einfach unangenehm wäre. Manchen Frauen geht es mit dem Kopftuch vielleicht ebenso.

Wie komme ich überhaupt auf so etwas? Am 29. Mai findet in der Wiener Uraniasternwarte eine Veranstaltung statt, die mit einem Foto beworben wird, auf dem ein junges Mädel mit Kopftuch zu sehen ist. Mir gefiel die Einladung spontan ausgesprochen gut, und ich verstand auch die Botschaft: Diese Veranstaltung ist für alle, egal aus welcher Ecke der Gesellschaft sie kommen.

Umso erstaunter war ich zu hören, dass es zu diesem Sujet jede Menge Kritik gehagelt hat. Gestern erst erklärte mir ein Bekannter, wenn eine Frau mit Kopftuch dargestellt wird, assoziieren viele Menschen damit „Schwer integrierbare Migrantin“. Der für mich bedrückende Aspekt an dieser Sache ist: wahrscheinlich hat er Recht.

Aber die Lösung kann meiner Meinung nach nicht lauten: Frauen dürfen nur ohne Kopftuch dargestellt werden. Deshalb gefällt mir das Foto – mehr davon!

PS: an meine Freunde: nein, werd weiterhin ohne Kopftuch rumlaufen und weiterhin ohne Stöckelschuhe, Minirock ist bei großer Hitze und mit guten Argumenten verhandelbar. Eventuell. Generell ist mir jede Einschränkung und jedes Muss ein Gräuel.

2 Kommentare zu “Kopftuch = schwer integrierbare Migrantin?”

  1. digiom (Jana Herwig)

    Ich teile deine Irritation, und weiß auch nicht weiter. Auch nicht, was den AMS-Comic angeht, über den sich gerade echauffiert wird. Den habe ich zwar nicht als besonders geschickt empfunden, aber auch kein Studienverbot für ‚Kopftuchmädchen‘ darin gelesen (wollen in der Volksschule nicht ca. die Hälfte aller Mädels Ärztin werden), sondern die Ermutigung, sich um eine AUsbildungs zu kümmern, statt davon auszugehen, dass sich das eh von selbst ergibt.

  2. Administrator

    Danke Jana – ja, ich las aus dem Cartoon auch nicht heraus, dass Kopftuch tragende Mädels nicht studieren sollen. Eher, dass Mädels Lust gemacht werden soll auch über andere Dinge als studieren nachzudenken (hallo, Mädels mit Kopftuch sind in unserer Stadt einfach eine Realität, sie kommen vor, warum sie nicht auch darstellen, also sichtbar machen, statt so zu tun als gäbe es sie nicht. Ihre Freundinnen sind ja offensichtlich Österreicherinnen, sie ist also durchaus integriert.) Ich hab meiner Tochte auch vorgeschlagen eine Lehre zu machen, aber sie wollte lieber studieren. Wichtig ist einfach herauszufinden was man wirklich will – nicht was in der Gesellschaft am besten ankommt. Gilt auch für’s Kopftuch.

    (PS: in dem Dorf, wo ich herkomme, liefen alle Frauen mit Kopftuch herum, aber die waren alle katholisch und ganz sicher keine Migrantinnen. Und weder wäre jemand auf die Idee gekommen das anzunehmen, noch hätte ihnen das jemand verboten. Über das so transportierte Frauenbild kann man natürlich diskutieren – nicht aber darüber, ob eine Frau das selbst entscheiden darf. Meine Mutter trug Kopftücher höchstens bei der Arbeit, aber nicht in der Kirche.)

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