IG zu Fuß, Tag 13 – Billig wohnen

Gepostet von meta-physik am Montag 22 August 2011

Heute morgen auf meinem Weg zur Arbeit – zu Fuß – gelang mir kurz nach Verlassen meiner Behausung dieser einzigartige Schnappschuss:

Soviele Wohnmöglichkeiten!

Ach. Ja. Ich sehe eure Rad losen* Gesichter vor meinem geistigen Auge. Was meint sie? So siehts doch überall in Wien aus! Eben, ja. Und das ist ja das Geniale dran: hier tun sich nahezu unbegrenzte Spar- und Verdienstmöglichkeiten auf, an die bisher niemand gedacht hat. Hier wird Geld auf der Straße liegen gelassen. Einfach so. Und zwar von Leuten, die eine Wohnung suchen und keine finden.

Bekannt ist, dass in Wien die Wohnungen immer teurer und knapper werden. Wer ein Plätzchen zum abendlichen Füße ausstrecken sucht, kann ganz schön ins Schwitzen kommen. Dabei wäre es doch ganz einfach. Und zwar so:

Wie Schwammerl (deutsch: Pilze) schießen Lagerhallen aus dem Boden, in denen man man für wenige Kröten Stauraum mieten kann, um seine Habseligkeiten trocken, gut gestapelt und Platz sparend einzusortieren. Nun kann man zwar in einem Self-Storage-Abteil nicht wohnen, aber das ist überhaupt kein Problem, denn wenn man schon keine Wohnung hat, hat doch zumindest noch – richtig, ein Auto, das man nahezu überall parken kann. Wo eben gerde Platz ist. Mag sein, dass wohnen in der Stadt teuer ist, aber der Platz zum Parken ist GRATIS. Bzw. in den Kosten des Stehzeugs bereits inbegriffen. Ende Gelände.

Zwei bequeme Bänke sorgen für ausreichenden Schlafraum. Statt Badezimmer kann man die öffentliche Toiletten bei McDonalds frequentieren, und das an der Wohnung gesparte Geld kann man in Beiseln (deutsch: Kneipen) versaufen und diese zum Wohnzimmer erklären. Ist doch auch viel netter, den Abend gemeinsam mit anderen zu verbringen statt alleine, oder? Die Wirte wird’s jedenfalls freuen.

Ob das legal ist? Selbstverständlich nicht, im Gegenteil. Daher ist auf gut getönte Scheiben beim Schlaf-Stehzeug zu achten sowie darauf, dass das Fahrzeug nicht zu auffällig wackelt. Sprich: zum Pempern (deutsch: für’s Schäferstündchen) bitte die Lobau aufsuchen, Gelsenspray (deutsch: Mückenschutz) nicht vergessen. So lässt sich die Zeit bis zum Finden einer Wohnung leicht überbrücken.

Von wievielen potenziellen Wohnmöglichkeiten ist hier die Rede? Allein auf dem Abschnitt der Penzinger Straße zwischen Einwanggasse und Nisselgasse habe ich zirka 45 Stehzeuge (auf BEIDEN Straßenseiten) gezählt, das wären praktisch kostenlose Schlafmöglichkeiten für 90 Personen. Auf einer Strecke, die nur einen Häuserblock lang ist.

Wenn nun jemand denkt, er ist ganz besonders schlau und stellt statt dem Auto ein Zelt auf, der hat leider Pech gehabt: Diese Plätze dürfen ausschließlich von Stehzeugen genützt werden. Egal aus welchen Steuertöpfen das alles finanziert wird.

Über eine andere Sache habe ich auch noch nachgedacht. Wieviel Platz wäre nötig, um Fahrräder zu parken, die genauso viele Menschen befördern könnten wie diese Stehzeuge (1 Person pro Auto)? Meine grobe Schätzung: den Gegenwert von zwei Parkplätzen. Also Kurzfassung: von 45 Parkplätzen nur 2 verparken. Und 43 Parkplätze frei lassen. Wäre doch auch eine nette Idee, oder?

*Diese Schreibweise ist ein Easter Egg für den edlen Recken von Wolfpassing, mal sehen ob er’s findet.

6 Kommentare zu “IG zu Fuß, Tag 13 – Billig wohnen”

  1. Roman Korecky

    2 Autoparkplätze für 45 Fahrräder geht such nicht aus. Ein Autoparkplatz hat eine Normlänge von 5 m. Pro Fahrrad braucht man mindestens 0,5 m Breite zum bequemen Abstellen. Auf der Länge eine Autoparkplatzes bringt man also maximal 10 Fahrräder unter. Folglich braucht man gut 5 Autoparkplätze für 45 Räder.
    Autobesitzer werden aber Einwänden, dass ein Auto durchschnittlich 4 Personen befördern kann. Macht also 45 * 4 = 180 Fahrräder. 90 m Abstelllänge / 5 m = 18 Parkplätze.

  2. Administrator

    Also auf einem Meter kann man ganz sicher mehr als 2 Räder abstellen, aber ich messe nach (wenn auch schwierig in Wien – gibt ja kaum Abstellplätze in Wien, wo Räder stehen.) Oder meintest Du City Bikes? Da kommt’s hin.

    Selbst wenn man die maximal mögliche Beförderungszahl annimmt, brauchen die Räder deutlich weniger Platz – wenn man sich aber anschaut, wieviele Personen pro Stehzeug tatsächlich befördert werden, dürfen wir getrost von 1,5 Personen ausgehen. Wenn Du mir nicht glaubst: stell dich 5 Minuten an den Gürtel und beobachte.

    (und zähle bei der Gelegenheit, wieviele Stehzeuge pro Minute vorbeirollen. Viel weniger als man glauben würde. Wenn man sich die Personen in Busse gepackt vorstellt, wie wenige Busse wären das… und wie ruhig wäre es dann…)

  3. Dan

    Ich frag mich warum man in Wien nicht das Citybike-System aufgreift und so wie in anderen Städten flächendeckend Bikestationen statt zwei Parkplätzen hinbaut. Paris und Lyon und viele andere Städte verwenden das selbe System von JCDecaux (=gewista) recht erfolgreich. Nur in Wien ist man mit dem Citybike über einen größeren Testbetrieb nicht weit hinausgekommen. Dabei hat das System Vorteile–es braucht weniger Platz als private Räder und Fahrraddiebstahl ist für die Kunden kein Problem.

  4. Werner von Wolfpassing

    Ich find und seh Alles…

    Übrigens Stehzeuge haben doch gegenüber Fahrrädern so viele Vorteile…
    Aber die müssen wir ja hier nicht besprechen, denn nachdem es sooooo viele davon gibt, wissen eh schon sooooo viele was das tolle an so Autos ist.

    Übrigens frage ich mich schon lange, wenn wir mal die Perfekte-Welt erreichen, was zumindest das Auto betrifft, was dann auf uns zu kommen wird.

    Jeder spricht von dem bösen Straßenlärm. Dumm nur, dass elektro Autos so leise sind, dass spezielle Soundmodule eingebaut werden müssen, weil Hirnlose Menschen nicht nach links und rechts sehen wollen und sich von schnittigen superleisen und gar nicht Luft verpestenden E-Autos auf den Friedhof schieben lassen…

    Wenn ich nur denke, Mineralölsteuer. Was machen wir bloß, wenn wir keine mehr zahlen müssen? Kupferspulen-Abgabe bei den Elektroautos? Flüster-Wind-Säusel Steuer statt Lärm? Heben wir die 30er Zonen wieder auf, die wir gemacht haben weil Autos so laut waren? Solarschattensteuer je nach Solarpanelfläsche am Auto? Ich bin wirklich gespannt, was man sich so einfallen lässt um Steuern von Emissionsfreien- und Umweltfreundlichen-Fahrzeugen abzukassieren. Vielleicht sollte man das schon mal in die JETZTZEIT vorverlegen und einen Probebetrieb dieser zukünftigen Steuern bei den Radfahrern für ein paar Jahre veranstalten…so umweltfreundlich wie die sind…

  5. Uschi von DeinDepot Wien

    Als Studie sicherlich ganz interessant und die Welt wird ja durch Ideen weiter gebracht, die am Anfang nur wenig erst genommen werden können 🙂

    Es wäre interessant zu wissen, ob und wie weit Wohnmobile im Zentrum von Wien parken dürfen? Eine Ahnung? Denn: Im Auto zu schlafen is ja nicht unbedingt jedermanns Sache – v.a. längerfristig und bei Temperaturen unter 0 Grad.
    .
    Zum Wohnungsproblem: Wie wäre es, wenn mehr Gewerbeflächen einfach zum Wohnen freigegeben würden? Gibt ja in Wien ganz viel sehr attraktive Ladenflächen, die auch ganz Charmant als Wohnung sein können.
    Zum Preisniveau: Die gezielten Unterstützung von Genossenschaften wäre wünschenswert. Damit könnten auch ganz viele Probleme wie die Vereinsamung in den Städten reguliert werden.
    Oder: vielleicht mehr Anbietern von recht kleinen Wohnungen, deren Wohnfläche zwar sehr klein ist, was aber mit Gemeinschaftsräumen (Wohnzimmer, Bar…) ausgeweitet werden können.
    Ach, mir fällt da so viel ein… LG, Uschi

  6. meta-physik

    @uschi: Soviel ich weiß, darf man in kaum einer Stadt im Wohnmobil „wohnen“ – bequem ist es natürlich auch nicht. Aber das Verhältnis Wohnfläche zu asphaltierter Verkehrsfläche (letzteres ein Vielfaches von ersterem) ist einfach absurd – darauf wollte ich hinweisen.

    Gewerbeflächen: klar, das klassische Loft in der Ziegelgebäudefabrik, mit original erhaltenem Lastenaufzug aus der Jahrhundertwende, das hat was 🙂 Nur nicht, wenn man heizen muss 😉

    Summa summarum: wenn man nach Japan guckt, sieht man, bei uns ist noch jede Menge Platz 😀

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