A faire Milch

Gepostet von meta-physik am Mittwoch 29 April 2009

Gerade rollen jede Menge Traktoren über die Wiener Ringstraße, daher nütze ich die Gelegenheit mal in Sachen Milch ein bisschen aus dem Nähkästchen zu plaudern. Interessanterweise müssen ja, wenn über steigende Preise gejammert wird, immer Brot und Milch als Beispiele herhalten. Dabei ist der Milchpreis seit vielen Jahren nicht gestiegen und ohnehin sehr günstig. Was ich nicht verstehe: bei Autos, Urlauben und Klamotten werfen Leute bedenkenlos Tausende Euros beim Fenster hinaus, und bei Milch wird gespart…

Ich bin auf einem Bauernhof aufgewachsen, meine Eltern hatten eine Milchwirtschaft, die inzwischen eine meiner drei Schwestern übernommen hat, ich weiß also, wovon ich rede. Meine Eltern standen morgens um 5h auf, schufteten den ganzen Tag und gingen spätestens um 22h schlafen. Neben der Arbeit war höchstens Zeit für Essen. Wenn Ernte eingebracht werden musste, fuhr mein Vater oft die ganze Nacht, häufig auch an Sonn- und Feiertagen. Urlaube hab ich als Kind nicht kennengelernt, weil im Sommer keine Zeit dafür war – aber völlig egal, wir hätten sowieso das Geld nicht gehabt. Kleidung bekamen wir hauptsächlich von Cousinen und Bekannten. Aber meine Eltern waren finanziell noch gar nicht so schlecht gestellt, es gibt viele, bei denen Geld noch knapper ist. Und ich will mich auch nicht beschweren – immerhin hatte ich die Möglichkeit den Nachthimmel überhaupt kennenzulernen. Nächtelanges Beobachten unter sternklarem Himmel – das hätte es in der Stadt nicht gegeben.

Trotzdem.

Die paar Cent, die fair gehandelte Milch im Laden mehr kostet, sollte sich jeder leisten können (sogar ich kann das, mit zwei fast erwachsenen Kindern, die nicht gerade sparsam damit umgehen, und einem Damenbudget, das so ist wie alles für Damen: vor allem klein).

Und weil wir schon dabei sind: fair gehandelter Kaffee und Bananen kosten auch nicht die Welt, sind inzwischen im Supermarkt erhältlich, und der Kaffee ist nicht mehr halb zu Kohle verbrannt, sondern durchaus genießbar. In Weltläden gibts weiters Gewürze, Tees, Kleidung und vieles mehr – mit der Nachfrage wird der Umsatz steigen.

Zum Produkt Milch selbst: es gab und gibt die Seuche BSE, die möglicherweise durch die Verfütterung von Tiermehl an Rinder begünstigt wurde, das Schlachtabfälle von an Scrapie erkrankte Schafe enthielt (ein direkter Beweis konnte nicht erbracht werden). Solche Tiermehle waren in Österreich niemals erlaubt, daher war BSE auch kein Thema.

Was in Österreich aber sehr wohl verfüttert wird, ist Knochenasche (wussten Sie das?). Jedes Milchrind braucht täglich eine gewisse Menge Knochenasche für die Milchproduktion, aus zwei Gründen. Zum einen brauchen die Kühe für die Milch selbst enorme Mengen an Mineralstoffen, zum anderen aber auch, um regelmäßig Kälber werfen zu können. Wozu das nun wieder – können die nicht einfach Milch geben, ohne Kälber zu werfen? Nein können sie nicht – wir erinnern uns – Rinder sind Säugetiere, und Milch ist – bei Tieren wie auch bei Menschen – für den Nachwuchs gedacht. Physiologisch gesehen ist Kuhmilch also nicht optimal auf den menschlichen Organismus abgestimmt. Also etwas, wovon man ohnehin nicht bedenkenlos allzu viel konsumieren sollte.

Was ich damit sagen will: ein bisschen mehr Bewusstsein im Umgang mit Milch und anderen Lebsnsmitteln täte uns allen gut. Damit wir morgens unsere Milch in den Kaffee gießen oder unser Jogurt löffeln können, müssen Menschen hart schuften und werden schlecht dafür bezahlt. Denken Sie beim nächsten Kaffee kurz daran. Beim nächsten fair gehandelten Kaffe, hoffe ich!

PS: die Idee zu diesem Beitrag kam mir heute morgen, als ich Traktoren mit Eferdinger Kennzeichen am Hietzinger Kai fahren sah und mich fragte, wann die wohl losgefahren sein müssen, um morgens schon in Wien zu sein. Eferding ist die Gegend, in der ich aufgewachsen bin. Sehr cool, meine Solidarität habt ihr!

PPS: Wem das schon zuviel ist, der darf und sollte keinesfalls hier klicken: „Let’s make money“.

Ein Kommentar zu “A faire Milch”

  1. bingesund

    Ja ich finde auch, dass hier Qualität vor Quantität geht und bin gerne bereit mehr zu zahlen…Auch kleine Entscheidungen im täglichen Leben können zum Erhalt der Artenvielfalt in Österreich beitragen. Denn auch die mit dem AMA-Gütesiegel gekennzeichnete Milchprodukte werden nur von heimischen Bauern hergestellt. Diese kümmern sich wiederum um saftige Weiden und grüne Wiesen als Teil unserer Natur- und Kulturlandschaft. Nützt uns also allen etwas 😀

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